März 2017

01. März 2017

Sieben Wochen lang einen Gang runterschalten

 

Mit Aschermittwoch (01.03.) hat die Fastenzeit begonnen. Schon seit dem zweiten Jahrhundert dient sie als Vorbereitung auf das Osterfest. Ein anderer Name lautet Passionszeit (von lateinisch „passio“ für leiden) und macht deutlich, dass es um das Leiden und Sterben von Jesus, aber auch um seine Auferstehung an Ostern geht. Diese sieben Wochen im Frühjahr sind auch heute noch eine Zeit für Besinnung und eine gute Gelegenheit um über das eigene Leben, eingefahrene Muster und Gewohnheiten nachzudenken und diese zu verändern.

Fasten kann mehr bedeuten als nur den Verzicht auf gewisse Nahrungsmittel. Es kann auch bedeuten Gott fragend gegenüber zu stehen und darauf zu vertrauen, dass er uns hilft eine für uns passende Antwort zu finden. Denn fasten ist auch Kopfsache. Wenn wir in diesem Sinne etwas ausprobieren, das uns schwer fällt, kann es sein, dass wir im Probieren zu einer Erkenntnis gelangen. Das wir entdecken, was auch anders und vielleicht sogar besser möglich ist. Auf diese Weise kann die Fastenzeit eine Zeit des Experimentierens, der Alternativen, des „Was wäre, wenn…“ werden. Sicher, durch so einen Perspektivwechsel läuft in unserem Alltag nicht mehr alles vorhersehbar und rund. Aber wir nehmen die Abläufe dadurch auch bewusster wahr und entdecken wohlmöglich neue Chancen und Wege oder bemerken wo es klemmt.

Seit über 30 Jahren gibt es von der Evangelischen Kirche die Aktion „7 Wochen Ohne“, die dazu einlädt, die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostersamstag bewusster zu gestalten und anders zu erleben. Dieses Jahr lautet das Motto:

Noch nie gehörte das „Sofort“ so sehr zum Lebensgefühl wie in der Moderne. Heute kann ich meine Mails auf dem Smartphone an jedem Ort lesen und natürlich muss ich immer gleich nachschauen, wer mir eine Whatsapp geschickt hat, um auch direkt antworten zu können. Wie soll ich denn da die biblischen Worte annehmen können, die mir sagen: „Alles hat seine Zeit“ (Prediger 3, 1). Denn das heißt ja, dass jetzt gerade vielleicht gar nicht die (beste) Zeit zum Telefonieren oder chatten ist. Aber darf ich mir denn für die Dinge so viel Zeit nehmen, wie ich für richtig erachte?

Auch an anderer Stelle läuft es im Leben nicht immer nach unserer Uhr, wenn etwa eine Erkrankung uns einen Strich durch die Rechnung macht oder die Bahn mal wieder streikt, haben wir plötzlich keinen Einfluss mehr und es ist, als ob wir in einer anderen Zeitzone feststecken. Diese Erfahrungen machen wir alle immer mal wieder, auch wenn wir im Anschluss oft bemüht sind diese Episode so schnell wie möglich zu verdrängen. Denn natürlich ist das Gefühl der Kontrolle angenehmer als das der Ungewissheit und des Chaos.

Aber gerade aufgrund dieser Erfahrungen sind wir eingeladen sieben Wochen lang immer wieder das Jetzt und den Augenblick wahrzunehmen, inne zu halten und uns zu entschleunigen. Wenn wir unsere Routine durchbrechen, können wir erleben dass Verzicht auch befreiend sein kann. Es eröffnen sich Räume für Neues, für Bewegung. Wer nicht immer alles kontrollieren will, kann viel besser akzeptieren, dass manches sowieso nicht zu steuern ist. Wie oft denken wir: „Stress lass nach“. Geben wir dem Stress doch tatsächlich mal die Zeit um nachlassen zu können. Zur Abwechslung einfach mal abwarten, nachdenken und Tee trinken!

Wie wäre es, wenn wir uns nicht andauernd ablenken lassen? Können wir unserem Gegenüber und der Situation dann nicht viel offener gegenüber treten? Was passiert, wenn sich unser Fokus auf das lenkt, was jetzt gerade wirklich wichtig ist? Das Gespräch mit einer Freundin wird viel intensiver und schöner, wenn man ganz beieinander und im Augenblick ist. In diesem Moment hat das Gespräch „Seine Zeit“, alles andere kann dann ruhig mal ein bisschen warten. Es ist an der Zeit ein bisschen mehr Face-to-face statt Facebook zu wagen!

Ich wünsche Euch, dass Ihr am Ende der Fastenzeit sagen könnt: „Schön, dass ich mir für liebe Menschen und das was mir wirklich wichtig ist mal die Zeit genommen habe, die sie verdienen.“ Hoffentlich wird dadurch euer Alltag, auch über Ostern hinaus, durch die eine oder andere neue (oder alte!) Gewohnheit und Einstellung bereichert.

Eine ruhige und gesegnete Fastenzeit, voller wertvoller Augenblicke, wünscht Euch Henning Elbers,

Diakon in der Region Mitte

Diese Andacht wurde erstellt von...

Diakon Henning Elbers
Mobil: 0152 05449082